Frühblüher ziehen ihre Köpfe aus dem kargen uckermärkischen Sandboden. Krokusse winken uns windzerzaust mit ihren sonnengelben Blütenblättern entgegen. Die Haselnusssträucher lassen ihre Blütenschwänzchen durch die Luft wehen. Der Vogelgesang wirkt variantenreicher und vielgestaltiger als noch vor einem Monat. Die außerordentlich milde Wetterlage mag die Pflanzen zum verfrühten Auftauchen bewegt haben. Das Gärtnerherz jedoch betrachtet mit Sorge die meteorologischen Prognosen. Was, wenn jetzt im beginnenden Brutgeschäft, im zarten Knospen und Sprießen des frühlingsfrischen Grüns der Frost doch noch zuschlägt, die jungen Triebe erfrieren lässt? Derartige Zukunftsängste sind augenscheinlich ein typisch menschliches Dilemma.

Ängste sind ein Gemeinschaftsphänomen, sie lassen sich gut teilen und auswerten, jüngstes Beispiel: der Corona-Virus. Ja, er ist auch in Deutschland angekommen. Durch die flächendeckende Berichterstattung bangen mittlerweile tausende Senior_Innen täglich vor den Fernsehern um ihr Leben. Die tiefenentspannende Wirkung von altbewährten Ruhigmachern wie Rote Rosen und Sturm der Liebe wird durch die stündlich aktualisierten Fallzahlen an Infizierten komplett aufgehoben. Auch wenn die Medienpräsenz es vermuten lässt: nein, die Zombieapokalypse ist nicht ausgebrochen – sorry, Walking Dead Fans. Da Vorbeugen bekanntlich besser ist als Heilen, hier ein paar positive Argumente zum Coronavirus. Die gibt es tatsächlich. Zunächst einmal: es ist ein Virus mit grippeähnlichen Symptomen. Gut, ein grippeartiger Virus mit einem Namen und ein schöner noch dazu. Corona, auch die Sonne hat eine. Dieser energiereiche, heiße Strahlenkranz der Sonne ist mit dem Auge nur bei einer Sonnenfinsternis wahrnehmbar. Die Sonne, sie steht für Lebendigkeit, Frühling, Wärme, frisches Grün, lange Tage, etc. Sollten diese fröhlichen Assoziationen keine Linderung versprechen, hier noch ein anderes probates Mittel: den Namen meiden. Große Geschichten kennen sie, die unaussprechlichen Antihelden, deren zerstörerische Macht so furchteinflößend ist, dass ihr Name besser verschwiegen wird. Corona ist ab jetzt also einfach Grippe.

Grippe, das ist ein altbekanntes Phänomen, das jährlich wiederkehrt. Eine zwar leicht nervige, aber doch durch die Konstanz und Unvermeidbarkeit lieb gewonnene Heimsuchung, wie etwa der Besuch der Schwiegereltern zu Weihnachten. Man kennt sie, man hat sie bereits mehrfach überlebt. Aber auch die numerischen Fans kommen auf ihre Kosten, denn selbst Statistiken können Optimismus versprühen: Betrachtet man die Länder, die vom Virus bereits befallen worden sind. Von über einer Milliarde Chinesen haben sich bisher nur 80000 infiziert und an der Krankheit starben vielleicht 1 % der Infizierten. Wahrscheinlich ist die Quote sogar noch niedriger, da durch den oft milden Krankheitsverlauf Wenige zum Arzt gehen. Manche merken nicht einmal, dass sie sich angesteckt haben.

Gut, dass Menschen am Virus sterben, lässt sich nicht schön reden. Aber auch hier kann die Statistik die bange Sorge ins Verhältnis setzen, beispielsweise durch einen Vergleich mit ihren namenlosen Schwestern den jährlichen Grippewellen. So starben bei der Grippe im Winter 2017/2018 über 25000 Menschen, allein in Deutschland. Kaum einer hat das mitbekommen. Ist das nicht beruhigend? Nein, nicht wirklich, zugegeben. Aber ein weiterer Blick auf den Gesundheitszustand und das Alter der Personen zeigt, dass wie vermutet der Virus wirklich gefährlich nur für alte, und oder körperlich geschwächte Menschen ist. Keine Entwarnung für die gepeinigte Fernsehoma, sagen Sie jetzt vielleicht. Das stimmt nicht ganz, bei keiner anderen Virusinfektion ist das Vorgehen und Durchgreifen unserer Politiker so energisch. Jeder positiv auf das Virus getestete Mensch wird nach Hause geschickt. Sogar Menschen, die nur mit einem Infizierten in einem Raum waren, werden vorsorglich für zwei Wochen quarantänisiert. Auch die Diagnosestellung erfolgt rücksichtsvoll und umsichtig: Menschen mit grippeähnlichen Symptomen sollen sich per Telefon melden und können nach telefonischer Rücksprache einen Krankenschein erhalten. Durch die ganzen Vorkehrungen lässt sich dieser Virus ganz einfach aussitzen, sofern man zu Hause bleiben kann.

Wann gab es bisher so einen Aufwand wegen einer leichten Atemwegserkrankung? Großveranstaltungen werden vorsorglich abgesagt, Millionen für die Erforschung eines Gegenmittels ausgegeben. Durch den Coronavirus können viele Chinesen beispielsweise endlich wieder frei durchatmen, da Industrie und Straßenverkehr in den Städten deutlich zurückgefahren wurden. Die Gesundheit des Menschen steht über wirtschaftlichen Interessen. Lässt das nicht auch für die Zukunft und global schwerwiegende Probleme wie das massive Artensterben hoffen?

Politikverdrossenen, die diese Aspekte nicht wirklich trösten können, empfiehlt sich ein ganzheitlich ökologischer Blickwinkel. Die Natur schützt sich durch den Virus selbst. Da weltweit Großereignisse wie Messen abgesagt werden, wird weniger geflogen. Kreuzfahrtschiffe liegen aufgrund von Infektionen vor Anker. Menschen dürfen von zu Hause aus arbeiten und fahren dadurch weniger Auto. Viele unnötige, billige Produkte aus China werden nicht nachproduziert und können dadurch nicht gekauft werden. Wenn unser hustender Hals es will, stehen alle Räder still, eine Art Virus for Future. Am wichtigsten jedoch: jeder Spuk hat auch ein Ende. Mit den steigenden Temperaturen im April ist die Grippesaison meist vorüber und eine deutlich schönere Saison, die Campingzeit beginnt.